Stress auf Schienen

Kürzlich war ich Tramfahren. Nein wirklich, ich liess mich nicht nur von Punkt A zu Punkt B transportieren, sondern stand eineinhalb Tramrunden vor der Fahrerkabine und beobachtete das Treiben in der aktuellen besinnlichen Weihnachtszeit. Wer an einem Advents-Samstag bereits einmal in der Stadt Zürich unterwegs war, weiss, welche Art von Besinnlichkeit sich da abspielt. Aber man kann ja schliesslich auch besinnlich herumhetzen, besinnlich fluchen oder sich besinnlich nerven. Hauptsache Lucy brennt. Die Weihnachtsbeleuchtung, nicht die Frau.

Dass nicht mehr Personenunfälle mit Trams geschehen, ist eigentlich ein Wunder. Vielleicht nicht gerade ein Weihnachtswunder, sondern eher so ein Wunder wie dass Pete Doherty noch lebt oder dass Pamela Anderson noch nicht geplatz ist. Halt eher so ein Glück-Wunder. Auf jeden Fall, bei so vielen kurz vor dem fahrenden Tram durchrennenden Personen sollten rein logisch gesehen viel mehr Unfälle passieren. Jedenfalls nach meiner Logik, was nicht viel heisst, aber immerhin.

Ich frage mich jeweils, was sich diese Leute gerade denken, wenn sie entweder fast vors Tram rennen, oder auch einfach mal gemütlich der Schiene entlang spazieren. Dafür könnte es viele Gründe oder Gedanken geben. Vreni muss vielleicht ganz schnell nach Hause, weil die Wäsche fertig ist und vielleicht vor Wut zu stinken beginnt, wenn sie fünf Minuten später als üblich aus der Trommel genommen wird. Heiri muss unbedingt den Fussballmatch sehen, denn die Chance zu verlieren wächst für seinen Lieblingsclub um jede Minute, die er den Fernseher zu spät einschaltet, etwas mehr. Susi glaubt sie hätte Superkräfte und vor ihr würde eher das Tram kaputt gehen, und Christoph denkt für ihn würde das Tram sowieso extra langsamer fahren.

Ich bin jedenfalls ein bisschen froh, dass während meiner Fahrt im Tram niemand drunter zu liegen gekommen ist. Ich musste schliesslich ganz schnell nach Hause, sonst hätte meine Daily Soap noch ohne mich angefangen.

2 Gedanken zu „Stress auf Schienen

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